Arbeiten, bis man schwarz wird

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Arbeiten, bis man schwarz wird

Der Beruf des Rauchfangkehrers umfasst weit mehr, als Kamine zu fegen: Christof Heller gibt Einblicke in seinen Job und erzählt, warum eine Ironimus-Karikatur seine Firmenflotte ziert. Von Petra Mühr

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Schwindelfrei muss man sein, körperlich fit und gern an der frischen Luft. Zudem kontaktfreudig, kommunikativ und es darf kein Problem sein, dass man ordentlich schmutzig wird. Wer diese Anforderungen erfüllt, hat die besten Voraussetzungen, viel Freude am Rauchfangkehrerberuf zu haben!

Wie Christof Heller, der in dritter Generation den vom Großvater gegründeten Betrieb führt und schon als Zehnjähriger seinen Vater begleitet hat. „Mir hat das immer schon Spaß gemacht", erzählt der Rauchfangkehrermeister und zweifache Familienvater, der Schornsteine und Kamine von gewerblichen Betrieben, Ein- und Mehrfamilienhäusern oder auch einem Schloss betreut. Letzteres ist das Schloss Schönbrunn, sein prominentestes Objekt. Und zugleich das herausforderndste, denn dort gibt es in der Orangerie nach wie vor aus der Zeit Maria Theresias in Verwendung stehende „schliefbare" Fänge, die gereinigt werden müssen. Was bedeutet: Man steht nicht auf dem Dach, putzt mit Stoßbürste und Kehrkugel den Rauchfang und holt im Anschluss beim Putztürl im Haus mit Schöpfer und Bartwisch den Ruß heraus, sondern kraxelt höchstpersönlich durch einen circa 80 mal 80 Zentimeter großen Kamin. „Am besten übrigens barfuß", fügt Heller hinzu, „weil man da den besten Halt hat." Reißen darum tut sich zwar keiner in seinem Team, das drei Gesellen zählt, aber als Schönbrunner Haus- und Hofrauchfangkehrer muss auch das sein.

 

Chim-Chimeney, Chim-Chim cheree

Im Vergleich zu früheren Zeiten, in denen das Kehren stark verrußter Fänge an der Tagesordnung stand, hat sich seit der Verbreitung moderner Gasheizungen das Berufsbild stark verändert. Abgesehen davon, dass die Arbeit ein
wenig „sauberer" geworden ist, haben sich die technischen Ansprüche stark erhöht. Regelmäßige Abgasmessungen und die seit einer Gesetzesnovelle 2012 vorgeschriebene Überprüfung der Verbrennungsluftzufuhr haben dazu geführt, dass die Kohlenmonoxidunfälle in Wien um zwei Drittel gesenkt wurden. Die positive Bilanz: Seit drei Jahren muss kein einziger Toter aufgrund einer Kohlenmonoxidvergiftung beklagt werden.  

Öfen, Kamine oder Kessel sind aber nach wie vor zu reinigen und der Trend zum Zweitofen für die Gemütlichkeit, der mit festen Brennstoffen geheizt wird und somit wieder Ruß erzeugt, steigt. Über mangelnde Arbeit kann sich der Familienbetrieb nicht beklagen. 

Neben dem Schornsteinfegen, den erwähnten Abgasmessungen, dem Feststellen von Gefahrenquellen im Zuge der Kehrung und der Befunderstellung bei Neuanschlüssen ist der vorbeugende Brandschutz ein wesentlicher Aspekt dieses Berufs. Der Hinweis auf brandgefährliche Lagerungen und das Freihalten von Fluchtwegen verhindert das Entstehen von Bränden beziehungsweise rettet im Brandfall Menschenleben. „Wir halten immer die Augen offen und weisen die Kunden daraufhin, wenn sie beispielsweise aus Unwissenheit auf dem Dachboden Papier, Textilien oder alte Reifen stapeln" schildert Heller und erläutert: „Das ist gefährlich und kann das Leben kosten. Oder zumindest bedeuten, dass unter Umständen die Versicherung im Brandfall nicht zahlt. Unsere Verantwortung ist wirklich groß, daher sind Schulung und Weiterbildung in unserem Job unumgänglich."

Aus dem Nähkästchen plaudern 

Diskretion wird ebenfalls groß geschrieben, so Heller, schließlich sind die Rauchfangkehrer in den intimsten Bereichen der Wohnungen und Häuser seiner Kunden unterwegs: „Oft ist das Kaminputztürl im Schlafzimmer, wir haben viele Termine bereits um sieben Uhr in der Früh ... da haben uns schon einige in Pyjama oder Unterwäsche begrüßt", schmunzelt Heller, der etliche Bonmots zu erzählen hat. Beispielsweise die Geschichte von zwei ehemaligen Kundinnen, die panische Angst davor hatten, von den Nachbarn vergiftet zu werden. Heller und sein Team waren die einzigen, die in die Wohnung durften, in der jede Ritze, jeder Spalt, jedes noch so kleine Löchlein, durch das hätte „Giftgas dringen können", mit buntem Plastilin zugeklebt war, „als spazierte man durch eine Plastilinhöhle!"

Oder über jenen dreifachen Doktor, der seine Wohnung vom Boden bis zur Decke mit Zeitungstapeln vollgeräumt hatte, so dass man sich nur mit angelegten Armen durchschlängeln konnte. Als Heller nach dem Putzen den üblichen Durchzugstest durchführen wollte und um ein Zeitungsblatt bat, das er im Kaminrohr entzünden wollte,
meint der Kunde entrüstet: „Ich kann Ihnen keines geben, die Zeitungen muss ich alle noch lesen!"

Von Tür zu Tür

Die Kunden des Rauchfangkehrerbetriebs wohnen im 13., 14. und 23. Wiener Gemeindebezirk. Heller ist mit seiner Mannschaft also ausnahmslos auf beanspruchenden Kurzstrecken unterwegs. Kilometer bringt der Feger-Fuhrpark daher kaum zusammen. Fünf bis maximal 7.000 sind es pro Auto pro Jahr, Autobahnvignette klebt nur auf einem einzigen (seinem) Auto. 

Oberste Priorität bei der Autoauswahl für Heller ist Verlässlichkeit. „Die Autos müssen funktionieren, wir müssen mobil sein." Je weniger Aufwand, desto lieber ist es dem Unternehmer, der deswegen vor drei Jahren von der Kauf auf die Leasingvariante umgestiegen ist. „Das war die beste Entscheidung", so Heller, „Service, Reparaturen ... unser Autohaus kümmert sich um alles. Nach fünf Jahren werden die Autos - drei Caddys und ein Amarok - voraussichtlich gegen neue getauscht."

Klimaanlagen sind ein Muss

Must-have bei der Ausstattung der Caddys sind eine Klimaanlage - „schließlich sitzen wir im Sommer mit schwarzem Gewand drin" - und eine seitliche Schiebetür, damit das Ein- und Ausladen der Ausrüstungsgegenstände von allen Seiten möglich ist. Der große Laderaum ist ohnehin vorhanden, in dem Stoßbürsten, Abgasmessgerät, Kehrkugeln etc. mitgeführt werden. Auch ein Schubladenschrank ist montiert, in dem -einige kleine Ersatzteile, aber vorallem Formulare und Schreibutensilien verstaut sind. 

Die Autos werden sowohl im Laderaum als auch im Cockpit erwartungsgemäß schnell schmutzig für die Sauberkeit ist jeder Geselle selbst zuständig, Heller hat allerdings immer ein Auge drauf.

Kamingeschichten

Die abschließende Frage, ob bei seinem Anblick die Leute nach wie vor einen Knopf halten und sich etwas wünschen, bejaht Heller schmunzelnd. „Immer. Wir sind nach wie vor Glücksbringer. Jeder freut sich, wenn er uns sieht." Ganz besonders übrigens zum Jahreswechsel, wenn es den traditionellen Rauchfangkehrer-kalender gibt. 

Denn der ist bei Heller nicht einfach irgendein Kalender, sondern immer mit einem besonderen Foto oder Kunstwerk versehen: Bilder von Paul Flora über Manfred Klimek bis Ironimus prangen auf den jeweiligen Kalendern und übrigens auch auf den Fahrzeugen. Heller ist eben ein besonderer Rauchfangkehrer. 

Petra Mühr

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